Anforderungen an den vom Versicherungsnehmer zu erbringenden Nachweis eines Einbruchs bei der Sachversicherung

BGH - Urteil vom 08.04.2015 - IV ZR 171/13

Der Versicherungsnehmer, welcher Hersteller von Armbanduhren ist, begehrte Schadenersatz aus einer bei der beklagten Versicherung bestehenden Firmen-Inhaltsversicherung. Versichert war auch das Risiko des Einbruchdiebstahls. Ein Einbruchdiebstahl liegt vor, wenn jemand in einen Raum eines Gebäudes einbricht, einsteigt oder mit einem falschen Schlüssel oder mit einem anderen nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmten Werkzeug in einen Raum eines Gebäudes eindringt

Der BGH (IV ZR 171/13) hat sich am 08.04.2015 mit der für ihn nicht ganz neuen Frage zu befasst, welche Anforderungen an den vom Versicherungsnehmer zu erbringenden Nachweis eines Einbruchs zu stellen sind. Typischerweise spielt sich die Entwendung versicherter Sachen unbeobachtet ab, weswegen es dem Versicherungsnehmer schwer fällt, den Vollbeweis eines versicherten Einbruchdiebstahls zu führen. Dem Versicherungsnehmer einer Sachversicherung werden daher – hier noch einmal vom BGH bestätigt – aus dem Leistungsversprechen des Versicherers abgeleitete Beweiserleichterungen gewährt.

BGH stellt seine Rechtsprechung klar

Der BGH stellte fest, dass das Berufungsgericht die vom BGH in früheren Entscheidungen formulierten Anforderungen an den Nachweis des Eintritts des Einbruchdiebstahls als Versicherungsfall missverstanden hat. Er nutzte diese Entscheidung daher zur Klarstellung seiner bisherigen Rechtsprechung und verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück.

Im Rahmen der Beweislastverteilung zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer hat der Versicherungsnehmer die anspruchsbegründenden Tatbestandsvoraussetzungen, nämlich den Eintritt des Versicherungsfalles, nachzuweisen. Für den Versicherungsnehmer reicht es zunächst aus, dass er das so genannte äußere Bild des Einbruchdiebstahls in sich stimmig und widerspruchsfrei darlegt und nachweist. Dazu gehört neben dem Nachweis des Verlustes der als entwendet gemeldeten Gegenstände insbesondere das Vorliegen von stimmigen Einbruchspuren an den Zugangsöffnungen des Objektes.

Wie kann der Versicherungsnehmer den Verlust nachweisen?

Insoweit bedarf es des Vollbeweises, den der Versicherungsnehmer neben dem Zeugenbeweis oder Sachverständigenbeweis auch durch seine eigene Anhörung nach § 141 ZPO führen kann. Voraussetzung seiner Anhörung nach § 141 ZPO ist, dass er uneingeschränkt glaubwürdig ist und das äußere Bild des Einbruchdiebstahl in sich stimmig und widerspruchslos darlegt.

Ist dieser Beweis gelungen, so ist es Sache des Versicherers, seinerseits zu beweisen, dass der Versicherungsfall nur vorgetäuscht war. Dabei kommen allerdings auch dem Versicherer Beweiserleichterungen zu. Für diesen Gegenbeweis erforderlich ist lediglich der Nachweis konkreter Tatsachen, die allerdings nicht nur mit hinreichender, sondern mit höherer, nämlich erheblicher Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht ist.

Im vorliegenden Fall lassen – so der BGH – die festgestellten Tatsachen in ihrer Gesamtschau mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf einen Einbruchdiebstahl zu. Dem steht – anders als das Berufungsgericht meint – nicht entgegen, dass das Fehlen weiterer Spuren an der Eingangstür nach den Ausführungen des Sachverständigen im Fall ihres gewaltsamen Aufbruchs als sehr unwahrscheinlich anzusehen ist.

Diese Unwahrscheinlichkeit betrifft nicht mehr das schon durch die vorhandenen Spuren erzeugte äußere Bild eines Einbruchdiebstahls, sondern allein die Frage, ob trotz dieses äußeren Bildes eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die bloße Vortäuschung eines Einbruchs besteht.

Der BGH widersprach dem Berufungsgericht, wonach schon das äußere Bild „stimmige“ Spuren voraussetze. Der Nachweis des äußeren Bildes setzt gerade nicht voraus, dass die vorgefundenen Spuren „stimmig“ in dem Sinn sind, dass sie zweifelsfrei auf einen Einbruch schließen lassen.

Insbesondere müssen nicht sämtliche, typischerweise auftretenden Spuren vorhanden sein, da der Sinn der Beweiserleichterung darin liegt, dem Versicherungsnehmer die Versicherungsleistung auch dann zuzuerkennen, wenn sich nach den festgestellten Umständen nur das äußere Bild eines Diebstahls darbietet, auch wenn von einem typischen Geschehensablauf nicht gesprochen werden kann.

Das Berufungsgericht muss nun weitere Feststellungen zu den sonstigen Voraussetzungen des äußeren Bildes und, falls dieses bewiesen wird, zur erheblichen Wahrscheinlichkeit eines nur vorgetäuschten Einbruchs sowie gegebenenfalls zur Schadenshöhe nachholen.

Anwältin für Versicherungsrecht

Rechtsanwältin Eva Mustermann
Mustermann Kanzlei

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