Besteht Haftpflicht-Versicherungsschutz bei Schäden durch Munition aus den Weltkriegen?

Vor dem Kauf eines Grundstücks ist es erforderlich, Informationen über die Altlasten des Grundstücks einzuholen. Erhältlich sind diese zunächst beim Verkäufer, auf dessen Auskünfte aber nicht unbedingt Verlass ist.

Aufgrund der Landes- und der Bundesbodenschutzgesetze werden Altlastenkataster geführt, welche sachdienliche Informationen zu den Belastungen des Grundstückes mit Altlasten bereithalten.

Vor dem Kauf eines Grundstückes über Altlasten informieren

Der umsichtige Käufer informiert sich bereits vor dem Kauf eines Grundstückes über die bisherigen Nutzungen auf der Fläche. Dabei sind folgende Fragen von Bedeutung:

  • Wurde das Grundstück gewerblich oder industriell genutzt oder liegt es z.B. im Bereich einer Altablagerung/Verfüllung?
  • Ist der Boden natürlich gewachsen oder wurde Fremdmaterial ein- oder aufgebracht?
  • Sind Kriegsschäden (Bombentrichter) bekannt?

Neben der Stadt oder der Gemeinde, die das Altlastenkataster führen, sollte im begründeten Verdachtsfall auch der örtlich zuständige Kampfmittelräumdienst nach möglichen Kriegsschäden (Bombentrichtern) befragt werden.

Haus- und Grundstückshaftpflichtversicherung ist wichtig

Trotz sorgfältigster Recherche kann sich später jedoch dennoch herausstellen, dass das Grundstück von Kriegsaltlasten betroffen ist und hierdurch Dritte einen Schaden erlitten haben, weswegen Schadenersatzansprüche gegen den Grundstückseigentümer gerichtet werden. Dann ist es wichtig, versichert zu sein.

Eine Haftung unseres Grundstückseigentümers könnte sich aus der im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB entwickelten allgemeinen Verkehrssicherungspflicht ergeben.

Danach besteht ganz allgemein für jeden, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle, einen gefahrdrohenden Zustand, mit anderen Worten eine Sachlage, von der eine Gefahr für Dritte ausgeht, schafft oder andauern lässt, die Verpflichtung, die ihm zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer tunlichst abzuwenden.

Da eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, naturgemäß nicht erreichbar ist, muss zwar nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind jedoch diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die nach den Sicherungserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder aber nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen.

Ob unserem Grundstückseigentümer im vorliegenden Fall tatsächlich mit Erfolg der Vorwurf, gegen seine Verkehrssicherungspflichten verstoßen zu haben, gemacht werden kann, soll hier nicht weiter erörtert werden.

Denn selbst dann, wenn am Ende für ihn alles gut ausgeht, möchte er von seinem Haftpflichtversicherer in jedem Fall insoweit Versicherungsschutz verlangen, als dass er gegen etwaige unberechtigte Vorwürfe verteidigt wird und der Versicherer insoweit die Kosten trägt. Der Grundstückseigentümer möchte also die Rechtsschutzkomponente seiner Haftpflichtversicherung in Anspruch nehmen.

Gemeingefahren sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen

In den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen zur Haftpflichtpolice unsers Grundstückseigentümers findet sich folgender Ausschlusstatbestand:

Versicherungsbedingungen sind grundsätzlich so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an. Des Weiteren sind die Schranken des AGB-Rechts zu beachten. Bestimmungen in Allgemeinen Versicherungsbedingungen dürfen für den Versicherungsnehmer nicht überraschend sein.

Ausschluss ist auf Schäden durch Altlasten nicht anwendbar

Vom Ergebnis her wird der Haftpflichtversicherer Deckungsschutz gewähren müssen, da dieser Ausschlusstatbestand im Lichte des Obigen einschränkend auszulegen ist.

Unter Kriegsereignisse sind für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer nur solche Vorgänge zu verstehen, die in einem ursächlichen Kausalzusammenhang mit einer kriegerischen Auseinandersetzung stehen. Hinzukommen muss, dass sie für einen Krieg typisch sind und ohne einen solchen nicht eingetreten wären.

Es ist zwar nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass nach einem formalen Ende eines Krieges weiterhin Schäden auftreten, die noch kausal auf die Kriegsereignisse zurückzuführen sind. Ereignen sich aber Vorfälle mit einem Abstand von derzeit 70 Jahren nach dem Ende des zweiten Weltkrieges und mit einem Abstand von über 97 Jahren zum ersten Weltkrieg, ist der Ausschluss nach seinem Zweckzusammenhang nicht mehr anwendbar.

Zweck des Ausschlusstatbestandes ist es, das mit einer Kriegssituation verbundene erhöhte und unkalkulierbare Schadenrisiko vom Versicherungsschutz auszuschließen. Der Haftpflichtversicherer kann nämlich dem Kriegsrisiko nicht ohne weiteres mittels vertretbarer kaufmännischer Prämienkalkulation begegnen.

Kommt es also mit einer zeitlichen Verzögerung von teilweise mehr als einem Menschenleben eher zufällig zu einer auch von dem seinerzeitigen Kriegsgegner vollkommen unbeabsichtigten Explosion, fehlt es an der Gemeingefährlichkeit des Ereignisses.

Der Versicherer muss Deckungsschutz gewähren. In der Haftpflichtversicherung ist dies je nach Ermessen des Versicherers entweder die Abwehr unbegründeter oder die Befriedigung begründeter Schadenersatzansprüche.

Anwältin für Versicherungsrecht

Rechtsanwältin Eva Mustermann
Mustermann Kanzlei

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