Welche Pflichten begründet der Versicherungsvertrag für den Versicherungsnehmer?

Prämienzahlung

Der Versicherungsvertrag ist ein zweiseitiger Vertrag. Dies bedeutet, dass nicht nur der Versicherer Pflichten übernimmt, sondern dass auch den Versicherungsnehmer als Vertragspartner Rechtspflichten treffen.

Die wichtigste Pflicht für den Versicherungsnehmer besteht darin, pünktlich die vereinbarten Versicherungsprämien zu bezahlen. Die Höhe der zu zahlenden Versicherungsprämie wird regelmäßig im Versicherungsvertrag festgelegt und richtet sich nach dem Versicherungstarif des jeweiligen Versicherungsunternehmens. In bestimmten im Gesetz definierten Fällen ist der Versicherer berechtigt, eine im Vertrag vereinbarte Prämie auch nach oben hin abzuändern und neu festzusetzen, § 163 VVG, § 203 VVG.

Gemäß § 33 Abs. 1 VVG ist die erste Prämie unverzüglich nach Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen. Für Lebensversicherungen gilt hier eine Fälligkeitsfrist von 30 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins.

Die Konsequenzen der nicht oder nicht rechtzeitigen Erst-Prämienzahlung sind für den Versicherungsnehmer drastisch. Der Versicherer kann, bei Verschulden des Versicherungsnehmers, im Schadensfall die Versicherungsleistung verweigern, § 37 Abs. 2 VVG, oder auch vom Versicherungsvertrag zurücktreten.

Ähnliches Ungemach droht dem Versicherungsnehmer, wenn er mit einer Folgeprämie in Zahlungsverzug kommt. Hier hat der Versicherer ein Kündigungsrecht, wenn er dem Versicherungsnehmer vorab eine mindestens zweiwöchige Zahlungsfrist gesetzt hat. Tritt der Versicherungsfall nach Ablauf der vom Versicherer gesetzten Frist ein und befindet sich der Versicherungsnehmer zu diesem Zeitpunkt immer noch in Zahlungsverzug, dann braucht der Versicherer nicht zu leisten, § 38 Abs. 2 VVG.

Vorvertragliche Obliegenheiten

Der Versicherungsnehmer hat neben der Prämienzahlung weitere Pflichten in Form von Obliegenheiten gegenüber dem Versicherer zu erfüllen. Als Obliegenheiten werden dabei Pflichten des Versicherungsnehmers, die zwar nicht vor Gericht eingeklagt werden können, deren Einhaltung jedoch essentiell für den Bestand des Versicherungsschutzes ist.

Als zentrale Obliegenheit hat der Versicherungsnehmer dem Versicherer bei Abschluss des Vertrages über alle relevanten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, zu offenbaren. Damit muss der Versicherungsnehmer dem nachvollziehbaren Interesse des Versicherers Rechnung tragen, dass dieser gerne vor Abschluss des Vertrages wissen möchte, auf welches Risiko er sich einlässt. Der Antragsteller für eine Krankenversicherung darf also, soweit in Textform danach gefragt, keine relevante Vorerkrankung verschweigen. Der Antragsteller einer KFZ-Versicherung muss, auf Nachfrage, darlegen, ob er bereits bei anderen Versicherungsunternehmen Verträge abgeschlossen hatte und unter welchen Umständen diese Verträge beendet wurden.

Verletzt der Versicherungsnehmer seine Obliegenheit, dem Versicherer vor Vertragsschluss relevante Informationen zu offenbaren, so kann der Versicherer jedenfalls vom Vertrag zurücktreten, § 19 Abs. 2 VVG, bei nur leicht fahrlässigen Verhalten des Versicherungsnehmers den Vertrag kündigen, § 19 Abs. 3 VVG, oder gegebenenfalls eine Anpassung der Versicherungsbedingungen (und -prämie) verlangen, § 19 Abs. 4 VVG.

Neben diesen im VVG vorgesehenen Sanktionen kann der Versicherer den Vertrag auch jederzeit wegen arglistiger Täuschung anfechten, wenn die Voraussetzungen nach § 123 BGB vorliegen, § 22 VVG.

Vertragliche Obliegenheiten

Neben der Obliegenheit, dem Versicherer vor Abschluss des Vertrages reinen Wein einzuschenken, treffen den Versicherungsnehmer noch weitere Verhaltenspflichten. So hat der Versicherungsnehmer dem Versicherer eine Änderung seines Namens oder seiner Anschrift mitzuteilen, § 13 VVG, oder auch die Pflicht einen Versicherungsfall unverzüglich – also ohne schuldhaftes Zögern – anzuzeigen, § 30 VVG. Weitere Obliegenheiten ergeben sich aus dem Gesetz und können auch im Versicherungsvertrag vereinbart werden.

Eine besondere gesetzliche Obliegenheit stellt das Verbot der so genannten Gefahrerhöhung dar. Dem Versicherungsnehmer ist es danach untersagt, nach Vertragsschluss eine Gefahrerhöhung vorzunehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten zu gestatten, § 23 VVG. Unter Gefahrerhöhung ist eine nachvertragliche Änderung der vorhandenen gefahrerheblichen Umstände, die den Eintritt des Versicherungsfalls oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher macht, zu verstehen. Es gibt hier zu jedem einzelnen Versicherungszweig eine umfangreiche Kasuistik, wann von den Gerichten im Einzelfall eine Gefahrerhöhung zu Lasten des Versicherungsnehmers und wann der von der Versicherung angeführte Umstand schlicht als die Realisierung des versicherten Risikos angesehen wurde. Nur unerhebliche Gefahrerhöhungen sind jedenfalls für den Bestand des Versicherungsschutzes nicht relevant, § 27 VVG.

Hat der Versicherungsnehmer gegen vertragliche Obliegenheiten wie das Verbot der Gefahrerhöhung verstoßen, dann drohen ihm im günstigsten Fall eine Prämienerhöhung bis hin zur Kündigung des Vertragsverhältnisses und zur Leistungsfreiheit des Versicherers.

Anwältin für Versicherungsrecht

Rechtsanwältin Eva Mustermann
Mustermann Kanzlei

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